Ovenhausen (TKu). Es ist Donnerstag, der 16. August 1973 gegen 20 Uhr, als sich an der Hauptstraße 42 Ecke Bergwinkel 2 in Ovenhausen eine Brandkatastrophe ereignet, die wohl als das größte aufgezeichnete Brandereignis in die Geschichte der Ortschaft eingegangen ist. Das war in diesem Monat vor ganz genau 50 Jahren. Die beiden Zeitzeugen Josef Wöstefeld (80) aus Ovenhausen und Erwin Henkelüdeke (86) aus Höxter sind 50 Jahre später noch einmal an den Ort des Geschehens zurückgekehrt, zusammen mit Löschgruppenführer André Meyer und Zugführer Ralf Meyer aus Ovenhausen. Inzwischen gibt es die beiden landwirtschaftlichen Anwesen schon nicht mehr, die den Flammen zum Opfer gefallen sind. Von der Feuerwehr aus Höxter hat Erwin Henkelüdeke ein altes Gemälde des Malers Geedey mit nach Ovenhausen gebracht, auf dem der Großbrand in Öl verewigt worden ist. „Das waren früher andere Zeiten, aber das Feuer haben wir damals auch gelöscht bekommen“, sagt der damalige Löschzugführer Erwin Henkelüdeke, der auf skurrile Weise zum Brandort alarmiert worden war. Dem Feuer zum Opfer gefallen sind die zwei landwirtschaftlichen Fachwerkhäuser Möller (Hauptstraße 42) und Stromberg (Bergwinkel 2). Und damit nicht genug: Das Feuer griff in der sehr engen Bebauung bereits auf weitere angrenzende Anwesen über.

Als Brandursache stellte sich ein technischer Defekt an einer elektrischen Anlage im Hinterhaus im Bergwinkel heraus. „Beim Verladen von Stroh auf den Dachboden schlugen dem Landwirt Günter Stromberg plötzlich helle Flammen entgegen. Wenige Minuten später brannte der Dachstuhl bereits lichterloh. Stromberg fand gerade noch Zeit, seine Frau zu retten, die sich in der Badewanne befand“, zitierte eine Lokalzeitung vom 18. August 1973 den Landwirt. Durch Funkenschlag griff das Feuer auf das benachbarte Gebäude über, sodass beide Anwesen recht schnell lichterloh in Flammen standen. Das Feuer sei nicht zu halten gewesen, erklärte der 80-jährige Zeitzeuge Josef Wöstefeld aus Ovenhausen, der als 30-Jähriger von der Feldarbeit zum Einsatzort eilte, nachdem er die Sirenen vernommen hatte. Sofort sei für ihn klar gewesen, das er seine Arbeit abbrechen und helfen müsse. „Gegen die Gluthitze bei hohen Temperaturen war nicht anzukommen“, meinte Wöstefeld rückblickend. „Aufgrund der damals vorhandenen persönlichen Schutzausrüstung, die nicht so modern und feuerfest war wie die heutige Ausrüstung, blieb den Feuerwehrleuten nur die Option, etwas weiter vom Feuer entfernt zu löschen“, erklärte Zugführer Ralf Meyer. Und auch die Technik der Atemschutzgeräte habe sich im Stadtgebiet Höxter noch in den Kinderschuhen befunden, so Meyer. Die persönliche Schutzausrüstung bestand hauptsächlich aus sogenannten „Blaumännern“ mit Gummistiefeln und DIN-Helmen.

In dem Zeitungsartikel von 1973 heißt es weiter: „Der Feueralarm für die Nachbargemeinden Bosseborn, Brakel, Höxter und Lütmarsen ist von einem Sportflieger ausgelöst worden, der das Flammenmeer aus der Luft sah und die Polizei über Funk verständigen ließ.“ „Zu dieser Zeit war die Feuerwehr in Höxter noch nicht so modern ausgestattet, wie sie es heute ist“, erklärt Oberbrandmeister Erwin Henkelüdeke, dessen Alarmierung zum Großbrand in Ovenhausen über einen Umweg verlief. Als der Brand ausbrach, befand sich Henkelüdeke gerade mit einem Kameraden an der Brunsberghütte, wo das St. Ansgar Krankenhaus sein jährliches Betriebsfest feierte. Mit ihrem Unimog-Tanklöschfahrzeug haben sie die Veranstaltung mit Wasser versorgt. „Weil das Fahrzeug aber dem Katastrophenschutz zugehörig war, hatte es kein verbautes Funkgerät an Bord und an Handys war noch lange nicht zu denken“, erklärt der erfahrene Oberbrandmeister. Alarmiert wurde das Tanklöschfahrzeug aus Höxter durch eine Person, die mit dem Auto zur Brunsberghütte geschickt worden war, um Erwin Henkelüdeke im Unimog Bescheid zu geben. Als sie Ovenhausen erreicht hatten, war der Großteil der Häuser bereits heruntergebrannt. Doch sie bekamen noch hautnah mit, wie Funkenschlag einen Anhänger mit Stroh in der Scheune des Nachbargehöftes Hesse in Brand setzte. Da die Feuerwehr jedoch vor Ort war, konnte sie den Feuerübersprung durch ein schnelles Eingreifen verhindern. Auch die Bäckerei Wiegers, dessen Besitzer der damalige Ovenhäuser Löschgruppenführer war, konnte gerettet werden. Vorsorglich hatte man die wichtigsten Gegenstände aus dem Haus Wiegers bereits in Sicherheit gebracht.

Dass man eine weitere Brandausbreitung verhindern konnte, das sei auch der 1972 in Dienst gestellten Drehleiter des Kreises Höxter zu verdanken, die aus Brakel angereist kam, so Henkelüdeke. Die Stadt Höxter verfügte erst ab 1984 über eine eigene städtische Drehleiter. Die beiden betroffenen Gehöfte brannten jedoch bis auf die Grundmauern nieder. Das Feuer war erst nach sechs Stunden unter Kontrolle. „Nach dem anstrengendem Löscheinsatz hatten die Feuerwehrleute natürlich auch Hunger. Und weil das St. Ansgar Krankenhaus noch viel Essen von ihrem Betriebsfest übrig hatte, wurden die Reste des gebratenen Schweins vor der Kirche in Ovenhausen serviert“, weiß Erwin Henkelüdeke zu berichten. An der Hauptstraße Ecke Bergwinkel sind die Brandruinen nach dem Großfeuer schnell abgerissen worden und es entstanden neue Häuser in dem ortsbildprägenden Viertel.

Fotos: Thomas Kube